Sonntag, 9. Juli 2017

Von Geduld und Zeitverschwendung

18:20 Uhr, mit der Familie am Essenstisch sitzen und ... warten. Ich esse abends nichts, mache mir nur Brote für die Arbeit. Aber die anderen genießen schön, lassen sich Zeit. Minute um Minute vergeht, in der ich dasitze und nichts tue. Aufstehen und gehen kann ich nicht: wäre unhöflich. Zeit schwindet, Zeit, die ich gerne für irgendwas sinnvolleres nutzen würde, auch wenn es nur Zocken oder Anime schauen wäre, aber Hauptsache irgendwas machen. Ist das nicht schlimm? Schlimm, schlicht nichts machen zu können? Ich erinnere mich an Veranstaltungen, zu denen mich meine Eltern mitschleiften, dann aber nur Minuten oder Stunden herumstanden und nichts - wirklich nichts - taten. Wieso tut man sich das an? Das Nichtstun? Ist Nichtstun auch ein Tun? Doch wieso sollte man sich Nichtstun antun wollen?

Ich habe ein gemischtes Verhältnis mit dem Wort Geduld. Ich kann durchaus geduldig sein. Ich kann mir Sachen antun, an denen ich Spaß vermuten würde, selbst wenn sie mich nicht interessieren. Und, vielleicht erinnert man sich noch an den Blogpost "Die Unfähigkeit des Interesses", dass das nicht vorhandene Interesse oft bei mir der Fall ist, dürfte bekannt sein. Genauso auf Veranstaltungen, auf die mich meine Eltern zerren. Nur kann ich da meist nicht mal Spaß vermuten und dann kann ich auch nicht warten. Ich bin ein Mann mit vielen Hobbys - Anime schauen und dazu Content machen, Videospiele spielen und dazu Content machen, Videospiele machen, Geschichten schreiben - alles sehr zeitaufwändig, also kann ich nicht warten. Einfach nichtstun wäre ein Vergehen an meiner Ehre der Produktivität. Denn das will ich sein: produktiv. Man könnte meinen, das funktioniert nicht immer, denn es gibt auch Tage, an denen auch ich mal einfach nur ausruhen möchte, aber selbst dieses Ausruhen verbinde ich mit Produktivität. Anime schauen bringt mir etwas: Ich kann danach im AnimeSlam Podcast darüber reden. Videospiele spielen bringt mir etwas: Ich kann eventuell was dazu schreiben oder mich mit anderen darüber austauschen, auch in eventuellen Podcasts, und lernen für das Machen meiner eigenen Spiele tue ich dabei auch. Im Prinzip mache ich alles, um produktiv zu sein. Das Schreiben von Blogposts zählt auch unter Produktivität, weil jeder fertige Beitrag auch ein fertiges Produkt ist. Das heißt, ich habe etwas erreicht, ist ein Blogpost fertig.

Könnt ihr das? Einfach Zeit verschwenden? Wie ich eben sagte: Ich nicht. Und ich verstehe auch nicht wirklich, wie das gehen soll. Selbst Sport sehe ich als Zeitverschwendung an. Ich mache keinen Sport, weil es mich nicht interessiert und ich damit nur Zeit verschwenden würde, die ich in irgendetwas produktives stecken könnte, etwas, dass ich mit euch teilen will - wie Videos oder Blogposts. Nur am Joggen fand ich letztens irgendwie Gefallen. Sachen, die mir, wie auch immer das funktioniert, Spaß machen, sehe ich jedoch nicht als Zeitverschwendung. Spaß ist auch ein Produkt, was mir etwas bringt - Spaß nämlich. Das ist wichtig. Was wäre eine Welt ohne Spaß? Hach, ich denke, das hat nur wieder alles mit meiner Unfähigkeit des Interesses zu tun. Ärgern über Zeitverschwendung würde ich mich sicherlich weniger, würde es mehr Dinge geben, die mich interessieren. So wie andere Menschen zum Beispiel. Wobei, es gibt Menschen, die mich interessieren, nur die, zu denen ich gezwungen werde, nämlich meine Familie, interessieren mich nicht. 

1 Kommentar:

  1. Echt lustig. Fast genau die Szene kann ich voll nachvollziehen. Ich esse zwar abends was, aber bin oft schnell fertig und diese quälenden Minuten, bis man endlich aufstehen kann, sind schrecklich. Warten ist schlimm. Ich hasse es auf den Zug zu warten, da ich erstens kein Handyfreund (ach das nennt man ja heute Smartphone, naja so alt bin ich auch wieder nicht) bin und zweitens irgendwie an nix vernünftiges Denken kann, wenn ich da so rumstehe. Deswegen schlendere ich lieber langsam von der Uni den Berg herunter und kriege dann auch manchmal produktive Gedanken. Das ist dann natürlich keine Zeitverschwendung.

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